Auslegung des Gesetzes

Identifizierungspflicht bei Banken und Sparkassen nach dem Geldwäschegesetz

Wir nehmen das Schreiben einer Bank zum Anlass, um erneut die Identifizierungspflicht von Betreuer*innen zu erläutern. Die Bank regte an, das Informationsblatt „Beziehung zwischen Banken und Betreuer*innen“ dahingehend zu ergänzen, dass eine Verpflichtung zur Identifizierung des*der rechtlichen Betreuer*in in Form der Speicherung der Personalausweisdaten bestehe. Die Bank verwies dabei auf die entsprechenden Vorschriften des Geldwäschegesetz (GWG).
29.08.2024
  • Katharina Rinne
    Katharina Rinne

Nach unserer Auffassung jedoch besteht eine solche Verpflichtung nicht. Zur Klärung hatte der BdB auch bereits das Bundesministerium für Finanzen angeschrieben und um Stellungnahme gebeten, die Aussage des Ministeriums ist jedoch leider nicht eindeutig. Nach Wiedergabe der Bestimmung des § 11 Abs. 4 GWG und der daraus folgenden Verpflichtung zur Identifizierung auch von Berufsbetreuer*innen wurde in Bezug auf die Möglichkeit von vereinfachten Sorgfaltspflichten lediglich darauf verwiesen, dass die Entscheidung über deren Anwendung allein den jeweiligen Verpflichteten (z.B. Banken, Sparkassen) obliege. Eine Verpflichtung zur Anwendung der Vorgaben bestünde nicht und eine solche könne auch nicht durch die Aufsichtsbehörde angeordnet werden. 

Die Antwort ist damit zwar sachlich korrekt; eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der eigentlichen Problematik erfolgte jedoch nicht. Die Fragen zur entsprechenden Anwendbarkeit des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) des Bundesfinanzministeriums vom 11.12.2017, wonach auf eine Identifizierungspflicht bei Betreuer*innen verzichtet werden soll sowie unsere Anmerkungen zu datenschutzrechtlichen Bedenken blieben unbeantwortet. Auseinandersetzungen mit Banken und Sparkassen scheinen daher leider auch zukünftig unvermeidbar und sind wiederholt Gegenstand der BdB-Rechtsberatung.

Im Folgenden fassen wir deswegen den Inhalt unseres Antwortschreibens an die Bank zusammen, der ggf. auch eine Argumentationshilfe für den konkreten Einzelfall sein kann:

  • Uns ist bekannt, dass es bei der Frage des Umfangs der Identifizierungspflicht des Öfteren zu Unstimmigkeiten zwischen Geldinstituten und Betreuer*innen kommt. Insoweit unstrittig ist, dass aufgrund des Anwendungserlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom 11.12.2017 eine umfassende Identifizierung nach § 154 Abgabenordnung (AO) nicht (mehr) geboten ist. Hierauf wird in dem Informationsblatt des BdB „Beziehung zwischen Banken und Betreuer*innen“ hingewiesen.

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    Es bleibt somit lediglich die Frage, ob und inwieweit sich umfassende Identifizierungspflichten aus den Bestimmungen des Geldwäschegesetzes ergeben. Unstreitig sieht das Gesetz in den §§ 11, 12 GWG (auf die die Bank verweist) eine Identifizierung auch der für den*die Kund*in auftretenden Personen vor. Zu den auftretenden Personen gehören unstrittig Betreuer*innen. Und die Überprüfung der nach § 11 Absatz 4 erhobenen Angaben hat nach § 12 Abs. 1 Nr. auch anhand eines Personalausweises zu erfolgen.

  • Allerdings bestimmt das GWG ebenfalls, dass von dieser regelhaften Erfassung der Daten im Falle vereinfachter Sorgfaltspflichten abgewichen werden kann. So müssen nach § 14 Abs. 1 GWG Verpflichtete (u.a. Banken und Sparkassen) nur vereinfachte Sorgfaltspflichten erfüllen, soweit sie feststellen, dass in bestimmten Bereichen, insbesondere im Hinblick auf Kunden, Transaktionen und Dienstleistungen oder Produkte, nur ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht. Nach § 14 Abs. 2 GWG kann in diesen Fällen der Umfang der Maßnahmen, die zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten zu treffen sind, angemessen reduziert werden, insbesondere wenn die Überprüfung auf der Grundlage von sonstigen Dokumenten, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen, durchgeführt werden kann.

  • Zwar steht die Entscheidung der Anwendung des § 14 Abs. 1 GWG im Ermessen des Verpflichteten und maßgeblich ist dabei die Frage, ob im jeweiligen Fall ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht. In Hinblick auf § 11a Abs. 1 GWG wird dieses Ermessen bei Betreuer*innen indes stets ausgeübt werden müssen. Nach § 11a GWG dürfen personenbezogene Daten nämlich nur verarbeiten werden, soweit dies auf Grundlage des Gesetzes für Zwecke der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erforderlich ist. Der BdB geht davon aus, dass bei den Zahlungsvorgängen, die Betreuer*innen für die (im Übrigen zu rd. 90 Prozent mittellosen) Klient*innen vornehmen, selten das Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besteht. Den Betreuerausweis wiederum, der regelmäßig schon zur Darlegung der Vertretungsbefugnis vorzulegen ist, wird man ebenfalls unstrittig als ein aus glaubwürdiger Quelle stammendes Dokument im Sinne des § 14 Abs. 2 GWG anzusehen haben.

  • Insoweit wird unserer Ansicht nach von der Ermessensmöglichkeit nach § 14 Abs. 1 GWG Gebrauch gemacht werden müssen und Sparkassen und Banken werden somit regelmäßig darlegen müssen, weshalb es im jeweiligen Einzelfall dennoch unter Berücksichtigung der in der Anlage 1 zum GWG genannten Risikofaktoren einer umfassenden Sorgfaltspflicht bedarf. Es ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, dass auf eine Identifizierung nach der AO grundsätzlich verzichtet werden muss, die gleichen Daten hingegen nach dem GWG regelmäßig verpflichtend abgefragt werden sollten. 

  • Es sind ferner die allgemeinen Datenschutzbestimmungen nach der DS-GVO zu beachten. Unter der Maxime der Datenminimierung bestehen erhebliche Zweifel, ob die regelmäßige Erfassung von Angaben zu Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnanschrift, wie sie nach § 11 Abs. 4 Nr. 1 GWG anhand des Personalausweises des*der Betreuer*innen erhoben werden, datenschutzrechtlich zulässig ist.

  • Aufgrund des Vorstehenden werden wir der Anregung, unser o.g. Informationsblatt um einen Hinweis zur Verpflichtung der Bank bzw. Sparkasse zur geldwäscherechtlichen Identitätsfeststellung nach dem GWG bei rechtlichen Betreuungen zu ergänzen, nicht nachkommen. Nach unserer Rechtsauffassung sind eine Prüfung und Ablichtung eines Personalausweises oder Reisepasses gerade nicht zwingend erforderlich ist. Vielmehr bitten wir die Banken und Sparkassen darum, dass sie, jedenfalls bei den Betreuer*innen, die einer Identifizierung mittels Personalausweis widersprechen, einen Entscheidungsprozess nach § 14 Abs. 1 GWG vornehmen und die Gründe darlegen, die im konkreten Einzelfall gegen eine vereinfachte Sorgfaltspflicht sprechen.