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Stationsäquivalente Zwangsbehandlung

Bundesverfassungsgericht urteilt über verfassungsrechtliche Zulässigkeit

Heute verkündete das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidung zu der Frage, ob eine Zwangsbehandlung entgegen den ausdrücklichen gesetzgeberischen Vorgaben des § 1832 Abs. 1 Nr. 7 BGB in Ausnahmefällen auch in einer von der betroffenen Person bewohnten Einrichtung verfassungsrechtlich geboten ist.
26.11.2024
  • Katharina Rinne
    Katharina Rinne
  • BdB-Juristin Katharina Rinne im Juli umrahmt von Medienvertretern vor der mündlichen Verhandlung im Bundesverfassungsgericht, in deren Rahmen Vertreter*innen auch anderer Institutionen angehört wurden. Verbandsjurist Kay Lütgens war ebenfalls geladen und hatte im Nachgang zu der Verhandlung nochmals umfangreich Stellung bezogen. @ BdB

Mit seiner Entscheidung (in der Abstimmung 5:3) hat der 1. Senat erklärt, dass die ausnahmslose Vorgabe, ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus durchzuführen, teilweise verfassungswidrig ist. Der Krankenhausvorbehalt sei mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GG insoweit unvereinbar, als Betreuten durch die Zuführung ins Krankenhaus erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit zumindest mit einiger Wahrscheinlichkeit drohen und zugleich zu erwarten ist, dass diese Beeinträchtigungen in der Einrichtung, in der die Betreuten untergebracht sind und in welcher der Krankenhausstandard im Hinblick auf die konkret erforderliche medizinische Versorgung einschließlich der Nachversorgung voraussichtlich nahezu erreicht wird, vermieden oder jedenfalls signifikant reduziert werden können.

In der Pressemitteilung zur Entscheidung heißt es: „In diesen Fällen ist kein überwiegendes verfassungsrechtlich geschütztes Interesse erkennbar, das es rechtfertigen könnte, Betroffenen in einer Situation äußerster Schutzbedürftigkeit die Hinnahme voraussichtlich vermeidbarer erheblicher Beeinträchtigungen ihrer körperlichen Unversehrtheit zuzumuten. Erst recht ist nicht hinreichend erkennbar, dass und weshalb keine alternativen oder ergänzenden Möglichkeiten gesetzlicher Regelungen bestehen sollten, um konsequent sicherzustellen, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen ausschließlich als letztes Mittel (ultima ratio) ergriffen werden.“

Diese Überlegungen entsprechen denen des BdB, der sich im Vorfeld in seiner schriftlichen Stellungnahme und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVerfG in diesem Sinne für eine Lockerung unter sehr engen gesetzlich normierten Voraussetzungen ausgesprochen hatte.

Das Gericht hat den Gesetzgeber zur Neuregelung spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 verpflichtet. 

Leitsätze zum Urteil des Ersten Senats vom 26. November 2024