Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten von Betreuer*innen
- Recht
Über die Frage der Mittellosigkeit wird seit längerer Zeit in zwei Schritten entschieden:
Zunächst wird über die Höhe der Vergütung anhand der finanziellen Verhältnisse des*der Klient*in zum Zeitpunkt der Ausführung der nun abgerechneten Tätigkeit entschieden. Grund dafür ist, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die Verwaltung von Vermögen mit mehr Arbeit verbunden ist als in Betreuungen, in denen kein Vermögen vorhanden ist. Von daher ist diese Handhabung folgerichtig. Das wurde zunächst von der Rechtsprechung so entschieden und steht inzwischen auch ausdrücklich in § 5 Abs. 4 VBVG. Abzustellen ist dabei immer auf den letzten Tag des betreffenden Abrechnungsmonats.
In einem zweiten Schritt wird dann nur noch darüber entschieden, wer zahlt - die Staatskasse oder die betreute Person selbst.
Es können dabei in bestimmten Fallgestaltungen auch auf den ersten Blick merkwürdige Ergebnisse herauskommen, auch „vermögend - zahlbar aus der Staatskasse“ oder „mittellos - zahlbar von dem/der Betreuten selbst“.
Nicht einheitlich gehandhabt wurde bisher die folgende Fallkonstellation: Jemand verfügt durchgehend über einzusetzendes Vermögen, das dafür ausreichen würde, die für einen Monat anfallende Vergütung zu bezahlen.
Hierzu ein Rechenbeispiel (der Einfachheit halber mit „glatten Zahlen“, die so in den Vergütungstabellen nicht vorkommen):
Klient A verfügt über kein anrechenbares Einkommen, sein Vermögen besteht lediglich aus einem Sparbuch, auf dem sich ein Guthaben in Höhe von 5.300 Euro befindet. Betreuerin B kann für jeden Abrechnungsmonat - sofern von dem Vermögensstatus „nicht mittellos“ auszugehen ist – 200 Euro beanspruchen.
Überwiegend wurde die Höhe der Vergütung bisher wie folgt berechnet: Am Ende des ersten Abrechnungsmonats des Quartals sind 300 Euro einzusetzendes Vermögen vorhanden, Betreuerin B stehen 200 Euro zu, diese können vollständig aus dem einzusetzenden Vermögen beglichen werden. Also ist für diesen Monat von einer höheren Vergütung für die Alternative „nicht mittellos" auszugehen. Für die beiden Folgemonate sieht das aber anders aus. Da das einzusetzende Vermögen nur einmal ausgegeben werden kann, kann der bereits für den ersten Monat berücksichtigte Betrag nicht erneut als einzusetzendes Vermögen angesehen werden. Da die verbleibenden einzusetzenden 100 Euro nicht ausreichen würden, um die für die Folgemonate jeweils anfallenden 200 Euro zu bezahlen, kann für die Folgemonate lediglich der niedrigere Satz für die Betreuung mittelloser Personen angesetzt werden. Die Betreuerin könnte für das Abrechnungsquartal also einen Monat als nicht mittellos, die weiteren zwei Monate aber lediglich als mittellos abrechnen. Gemäß den §§ 1836d Nr. 1, 1836e Abs. 1, 1908i Abs. 1 BGB würde die B ihr Geld vollständig aus der Staatskasse erhalten, diese würde dann im Wege des Regresses die einzusetzenden 300 Euro von Klient A verlangen.
Eine andere Berechnungsmethode geht von dem Grundsatz aus, dass Schulden bei der Entscheidung über die Mittellosigkeit grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Deshalb dürfe das auch in Zusammenhang mit der Entscheidung über die Betreuervergütung geschehen - es dürfe z.B. nicht bei der Berechnung der Vergütung für den zweiten Monat einberechnet werden, dass 200 Euro bereits als Vergütung für den ersten Abrechnungsmonat geschuldet wurden. Folgt man dieser Ansicht, kann Betreuerin B für alle 3 Monate des Abrechnungsquartals die höhere Vergütung für die Fallkonstellation „nicht mittellos“ verlangen, zahlbar wieder vollständig aus der Staatskasse.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich nun für die zweite - für Betreuer*innen günstigere - Variante entschieden. Die Leitsätze der o.g. Entscheidung lauten:
„a) Vergütungsschuldner des Berufsbetreuers ist bei Mittellosigkeit des Betreuten die Staatskasse und bei vorhandenem verwertbaren Vermögen der Betreute. Für die Feststellung, ob der Betreute mittellos oder vermögend ist, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (...).
b) Für den Umfang des dem Betreuer zu vergütenden Zeitaufwands ist hingegen darauf abzustellen, ob der Betreute im Vergütungszeitraum mittellos war (...).
c) Bei der Ermittlung des einzusetzenden Vermögens ist grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ob den Vermögenswerten Schulden oder Verpflichtungen des Hilfebedürftigen gegenüberstehen (...). Daher können auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren die Voraussetzungen der Mittellosigkeit des Betroffenen nicht dadurch herbeigeführt werden, dass die festzusetzende Vergütung vorab als Verbindlichkeit von seinem Vermögen abgezogen wird.“
Da der BGH die höchste Instanz für Vergütungsfragen ist, dürfte es in Zukunft keine Schwierigkeiten bereiten, unter Berufung auf diese Entscheidung in entsprechenden Fällen die höhere Vergütung zu erhalten.
Hinsichtlich bereits ausgezahlter Vergütung verhält es sich wie folgt: Sofern die Vergütung lediglich im Verwaltungsverfahren ausgezahlt wurde (also kein rechtskräftiger Beschluss über die Vergütungshöhe besteht) kann innerhalb der 15-Monatsfrist des § 2 VBVG noch eine Nachforderung gestellt werden.