Bundesgerichtshof

Zur Vergütung für nach dem Tod des Klienten erbrachte Tätigkeiten

Der BGH hat jetzt eine Entscheidung zu einer lange umstrittenen Fragestellung getroffen (Beschluss vom 06.04.2016, Az. XII ZB 83/14)
03.05.2016

    Es kommt immer wieder vor, dass ein Klient verstirbt, der Betreuer aber nicht umgehend Kenntnis davon erhält und deshalb noch weitere Tätigkeiten erbringt. In der Rechtsprechung besteht schon lange Einigkeit darüber, dass für die üblichen Abwicklungstätigkeiten (Herausgabe des verwalteten Vermögens, Erstellen der Schlussrechnung) keine Vergütung mehr verlangt werden kann – diese regelmäßig am Ende einer Betreuung fälligen Tätigkeiten sind bereits in die während der laufenden Betreuung zu zahlenden Vergütungspauschale „eingepreist“.

    Anders liegt es aber in Bezug auf Tätigkeiten, die noch in Unkenntnis des Endes einer Betreuung erbracht wurden. Aus den §§ 1908i Abs. 1, 1893 Abs. 1, 1698a Abs. 1 BGB ergibt sich, dass ein Betreuer jedenfalls bis zur Kenntnis vom Ende der Betreuung noch als legitimiert gilt, sofern er die fehlende Kenntnis nicht selbst verschuldet hat. Er muss also nicht befürchten, z.B. als sogenannter Vertreter ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB selbst für in (vermeintlicher) Stellvertretung abgeschlossene Verträge einstehen zu müssen. Über die Vergütung lässt sich den genannten Vorschriften aber nichts entnehmen. Während einige Gerichte für den Zeitraum zwischen dem Ende der Betreuung und der Kenntnis davon weiterhin die Pauschale bewilligen wollten, wollten andere Gerichte lediglich noch eine sogenannte „spitze Abrechnung“ der tatsächlich noch erbrachten Tätigkeiten zulassen. Grundlage dafür ist eine analoge Anwendung des § 6 VBVG. Dort ist wiederum ein Verweis auf § 3 VBVG, also auf Vergütung und Aufwendungsersatz für die Tätigkeit eines Berufsvormundes, enthalten. Der Betreuer kann danach also – wie in Zeiten vor der Pauschalierung der Betreuervergütung - die konkret aufgewendete erforderliche Zeit zu den geringeren Stundensätzen des Vormundes und zusätzlich die konkret entstandenen Aufwendungen abrechnen.

    Der BGH hat sich jetzt der zweiten Meinung angeschlossen. In der betreffenden Entscheidung heißt es dazu:

     „Dass der Todeszeitpunkt des Betroffenen zugleich den Endzeitpunkt für die nach den §§ 4, 5 VBVG pauschal zu bemessende Vergütung darstellen soll, lässt sich auch den Gesetzesmaterialien zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz entnehmen. Danach ist die Vergütung für den letzten Monat der Betreuung taggenau bis zum Tod des Betroffenen festzusetzen (BT-Drucks. 15/2494 S. 34). Demgegenüber wird zwar vertreten, auch für den Zeitraum vom Tod des Betroffenen bis zur Kenntnis des Betreuers hiervon sei eine Vergütung nach den Pauschalsätzen des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes festzusetzen. Denn der Betreuer dürfe die Betreuung nach den §§ 1908 i, 1893, 1698 a BGB bis zur Kenntnis von der Beendigung fortführen. Insofern sei im Gegensatz zu der Notgeschäftsführung nach § 1698 b BGB davon auszugehen, dass nicht nur einzelne Angelegenheiten erledigt worden seien, sondern die normale Betreuertätigkeit fortgeführt worden sei (LG Traunstein FamRZ 2010, 329; juris PK-BGB/Pammler-Klein § 1893 Rn. 16).

    Dieser Auffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Sie steht nicht damit in Einklang, dass die Pauschalvergütung nur für die Dauer der Betreuung anzusetzen ist und dies nach den Gesetzesmaterialien auch für den Fall der Beendigung der Betreuung durch den Tod des Betroffenen gilt. Davon ist auch der offensichtliche Gesichtspunkt erfasst, dass der Betreuer häufig nicht sogleich vom Tod des Betroffenen erfahren hat und deshalb in Unkenntnis hiervon weiter tätig geworden ist. Insofern dürfte die zutreffende Erwägung zum Tragen gekommen sein, dass der Aufwand für eine in Unkenntnis des Todes des Betroffenen ausgeübte Betreuungstätigkeit regelmäßig hinter dem durchschnittlichen Betreuungsaufwand zurückbleibt. Denn anders als zu Lebzeiten des Betroffenen können sich keine Veränderungen in dessen Lebensverhältnissen mehr ergeben, die ein Tätigwerden des Betreuers erfordern. Der Betreuer, der in Unkenntnis des Todes des Betroffenen zunächst weiter tätig wurde, ist deshalb insoweit allenfalls in analoger Anwendung von § 6 Satz 1 VBVG und nicht pauschal nach den §§ 4, 5 VBVG zu entschädigen (vgl. MünchKommBGB/Fröschle 6. Aufl. § 5 VBVG Rn. 38).

    (…) Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, es sei im Hinblick auf Art. 12 GG nicht zu rechtfertigen, dass zwischen dem Tod des Betroffenen und der Kenntniserlangung des Betreuers hiervon erbrachte Betreuerleistungen unvergütet blieben, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Bloße Abwicklungstätigkeiten sind regelmäßig bereits durch die bis zum Tod des Betroffenen geschuldete Pauschalvergütung abgegolten. In besonderen Einzelfällen kann der Betreuer, der in der Annahme der Fortdauer der Betreuung nach dem Tod des Betroffenen noch weitergehend tätig wird, in analoger Anwendung von § 6 Satz 1 VBVG eine Entschädigung erhalten. Da es in der Regel nicht lange dauern wird, bis der Betreuer vom Tod des Betroffenen erfährt, ist es ihm möglich und zumutbar, hinsichtlich danach ausgeführter Tätigkeiten und der hierzu benötigten Zeit einen Nachweis zu erbringen. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass er zunächst keinen Anlass hatte, Aufzeichnungen über die aufgewendete Zeit anzufertigen.“