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Aufwendungsersatz für anwaltliche Betreuer

Steuererklärungen gehören zur Tätigkeit von Berufsbetreuer*innen mit Aufgabenbereich Vermögenssorge

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall (Beschluss vom 19.07.2023 - XII ZB 115/23), hatte der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, der zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt worden war, für seinen (mittellosen) Klienten die Einkommensteuererklärung eingereicht und den vom Finanzamt erlassenen Bescheid geprüft. Dies wollte er als Aufwandsersatz für eine berufsspezifische Tätigkeit nach § 1835 Abs. 3 BGB - alt iVm § 1908i BGB aF (jetzt § 1877 Abs. 3 BGB) vergütet wissen und scheiterte.
14.11.2023

Mit der Entscheidung bestätigt der BGH die bisherige Rechtsprechung in dieser Frage und verdeutlicht zwei Grundsätze im Betreuungsrecht:

  • Zum einen, dass eine Tätigkeit nur dann als Aufwendung geltend gemacht werden kann, wenn ein*e andere*r Betreuer*in für die Tätigkeit berechtigterweise fremde (fachliche) Hilfe in Anspruch genommen hätte.
  • Zum anderen, dass Betreuer*innen mit dem Aufgabenbereich Vermögenssorge regelmäßig auch die steuerrechtlichen Angelegenheiten ihrer Klient*innen zu erledigen haben bzw. hierzu berechtigt sind.

Als Aufwendungen gemäß § 1877 Abs. 3 BGB1 gelten Dienste des*der Betreuer*innen, die zu seinem*ihren Gewerbe oder Beruf gehören. Es ist eine Ausnahmeregelung zu dem Grundsatz, dass mit der Betreuungstätigkeit aufgewendete Arbeitszeit regelmäßig mit der Vergütung nach dem VBVG abgegolten ist. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 1877 Abs. 3 BGB ist, dass die Tätigkeit innerhalb der rechtlichen Betreuung erfolgt und dass es sich dabei um eine Tätigkeit handelt, die üblicherweise einem darauf spezialisierten Dritten übertragen wird. Dieser spezialisierte Dritte ist - quasi zufällig - dann der*die Betreuer*in selbst. Hierauf gestützt lehnte der BGH den geltend gemachten gesonderten Anspruch auf Aufwendungsersatz ab.

Denn für Betreuer*innen als gesetzlichen Vertreter*innen besteht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich eine umfassende Pflicht, die steuerlichen Verpflichtungen der Klient*innen zu erfüllen. Sie haben dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie für die Klient*innen verwalten. Es ist ein verbreitetes "Betreuermärchen", dass Betreuer*innen keine Steuererklärungen für ihre Klienten anfertigen dürfen. Als gesetzliche Vertreter dürfen sie - sofern der betreffende Bereich zu ihrem Aufgabenkreis gehört - alles das selbst tun, was auch der Klient selbst tun könnte. So können Betreuer*innen (in Verfahren, für die kein Anwaltszwang besteht) zum Beispiel auch stellvertretend vor dem Zivilgericht auftreten, ohne dabei mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in Konflikt zu kommen. Der BGH bestätigt, dass dies auch für die Erledigung von steuerlichen Angelegenheiten gilt, dies ergibt sich problemlos bereits aus § 34 Abs. 1 AO.

Vorrangig ging es in dem Verfahren allerdings um die Frage, ob ein anwaltlicher Berufsbetreuer auf Grundlage der § 1835 Abs. 3, 1908i BGB aF (jetzt: § 1877 Abs. 3 BGB) Aufwendungsersatz in Höhe der für solche Angelegenheiten üblichen Anwaltsvergütung geltend machen konnte. Der BGH hat das verneint, da die Erklärung nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre. Eine einfache Steuererklärung müsse ein Betreuer aber selbst (und damit aus der Vergütungspauschale finanziert) anfertigen, eine mit Kosten für den Betreuten oder die Staatskasse verbundene Delegation an Fachkräfte kommt dann nicht in Frage und daher auch keine „Delegation an sich selbst“.

Aus dem Steuerberatungsgesetz folgt auch keine abweichende Beurteilung. Zwar können sich berufliche Betreuer*innen nicht auf § 3 StrBG berufen, da sie keine entsprechende Befugnis zu Hilfeleistung in Steuersachen innehaben, denn diese ist ausschließlich den dort genannten Personen (z.B. Steuerberater*innen, Rechtsanwält*innen) vorbehalten; aber nach § 4 Nr. 4 StBerG sind sie als „Verwalter des Vermögens“ berechtigt, den Klient*innen Hilfestellung bei deren Steuererklärung zu geben. Verwalten im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, die wirtschaftlichen Interessen eines Dritten mit einer gewissen Handlungsfreiheit und für eine gewisse Dauer wahrzunehmen. Dem entspricht grundsätzlich die Tätigkeit eines*r Betreuers*in mit dem Aufgabenbereich der Vermögenssorge. Betreuer*innen sind somit zur Abgabe und gegebenenfalls auch zur Berichtigung von Steuererklärungen verpflichtet und berechtigt. 

Ein Anspruch auf gesonderte Aufwendungspauschale nach § 1877 Abs. 3 BGB wegen Erstellung einer Einkommenssteuererklärung kann in den Fällen für eine*n anwaltliche*n Betreuer*in damit nur dann bestehen, wenn in dem konkreten Fall aufgrund des Umfangs oder der Komplexität der Steuererklärung eine Übertragung an Dritte berechtigterweise erfolgt wäre.

In dem zu entscheidenden Fall verneinte dies der BGH, da zum einen nur Einkünfte aus einer Erwerbsminderungsrente bezogen wurden und lediglich Vorsorgeaufwendungen und Pauschbeträge zu berücksichtigen waren. Dies allerdings ist - so der BGH - für Betreuer*innen mit dem Aufgabenbereich Vermögensverwaltung „leistbar“; eine Übertragung an einen Dritten wäre nicht berechtigterweise erfolgt. Eine gesonderte Pauschale nach § 1877 Abs. 3 BGB damit auch nicht geschuldet.


Die Entscheidung des BGH erfolgte  noch anhand der Vorschriften des BGB vor Inkrafttreten der Reform; da sich mit der Gesetzesreform die Anspruchsvoraussetzungen  inhaltlich nicht geändert haben, wird in diesem Text auf die neuen Paragrafen verwiesen, sofern nicht ausdrücklich anders bezeichnet.

 

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