Sachkundenachweis und Vergütung von rechtlichen Betreuer*innen
- Beruf Betreuung
- Betreuungsreform
- Vergütung
Aktualisiert am 24. Januar 2022: Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) sieht offenbar Nachbesserungen am Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vor. Geplant sind unter anderem längere Fristen für den Sachkundenachweis für Betreuer*innen, die ihre Tätigkeit erst ab dem 1. Januar 2020 aufgenommen haben oder erst nach dem 1. Januar 2023 aufnehmen wollen, sowie Erleichterungen für Betreuungsvereine. So steht es im Gesetzentwurf für ein sogenanntes Reparaturgesetz.
In diesem Artikel fassen wir Ihnen den derzeitigen Kenntnisstand zu den Themen Registrierung und Sachkundnachweis sowie zur Betreuervergütung zusammen. Derzeit erarbeitet eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Justiz und den Verbraucherschutz (BMJV) unter Beteiligung des BdB eine bundeseinheitliche Rechtsverordnung zur Ausgestaltung des Zulassungs- und Registrierungsverfahrens.
Wichtig zu wissen: Die mit der Reform verbundenen neuen Anforderungen an Berufsbetreuer*innen betreffen nicht nur Berufsanfänger*innen, sondern auch bereits tätige Betreuer*innen. Wie umfangreich die Anforderungen ausfallen, richtet sich danach, wann Sie das erste Mal beruflich eine rechtliche Betreuung geführt haben.
Registrierung und Sachkundenachweis
Für die berufliche Führung von rechtlichen Betreuungen und die Arbeit von Betreuungsvereinen werden im Interesse der Qualität der Betreuungsarbeit eine Reihe von Anforderungen gestellt. Als Berufsbetreuer*in wird in Zukunft nur noch zugelassen, wer erfolgreich ein Registrierungsverfahren gemäß den §§ 23, 24 BtOG durchlaufen hat. Zuständig ist dann für jede*n Berufsbetreuer*in eine sogenannte Stammbehörde. Das ist gemäß § 2 Abs. 4 BtOG die Behörde, die örtlich für den Sitz oder Wohnsitz des Betreuers zuständig ist.
Als Voraussetzung für eine Registrierung nennt § 23 Abs. 1 BtOG
- „1. die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit,
- 2. eine ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit als beruflicher Betreuer und
- 3. eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren mit einer Mindestversicherungssumme von 250 000 Euro für jeden Versicherungsfall.“
In Abs. 2 werden dann Ausschlussgründe für die persönliche Zuverlässigkeit genannt, das sind u.a. eine rechtskräftige Verurteilung wegen bestimmter Straftaten und „ungeordnete finanzielle Verhältnisse“. Letztere sind in der Regel anzunehmen, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis besteht.
Zur erforderlichen Sachkunde heißt es in den Abs. 3 und 4:
„(3) Die nach Absatz 1 Nummer 2 erforderliche Sachkunde ist gegenüber der Stammbehörde durch Unterlagen nachzuweisen. Sie hat zu umfassen:
- Kenntnisse des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, des dazugehörigen Verfahrensrechts sowie auf den Gebieten der Personen- und Vermögenssorge,
- Kenntnisse des sozialrechtlichen Unterstützungssystems und
- Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen und von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu den Voraussetzungen der Registrierung nach den Absätzen 1 bis 3, insbesondere die Anforderungen an die Sachkunde und ihren Nachweis einschließlich der Anerkennung und Zertifizierung privater Anbieter von Sachkundelehrgängen sowie an die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.“
Die Einzelheiten stehen diesbezüglich noch nicht fest. Diese werden in der Rechtsverordnung festgelegt, an der im BMJV gerade gearbeitet wird. Es ist deshalb noch unklar, wie umfangreich und tiefgehend die in Absatz 3 aufgeführten Kenntnisse sein müssen und damit auch, welchen Umfang ein Kurs haben müsste, der diese Kenntnisse vermittelt.
Fest steht jedenfalls, dass die Behörde keine eigenen Prüfungen vornehmen soll, sondern dass die Sachkunde durch Bestätigungen anderer Stellen nachgewiesen werden muss. Dafür kommen zum Beispiel Bescheinigungen privater Anbieter entsprechender Fortbildungen in Betracht. Es sollen aber auch Kenntnisse angerechnet werden, die im Rahmen einer Berufs- oder Hochschulausbildung erworben worden sind, das soll zum Beispiel auch dann gelten, wenn die Ausbildung letztlich nicht abgeschlossen worden ist.
Zur Diskussion steht zur Zeit auch eine sogenannte Positivliste, in der (in Anlehnung an die bisher zur Einstufung gem. § 4 VBVG ergangene Rechtsprechung) typische Ausbildungsgänge aufgeführt werden, die die erforderlichen Kenntnisse ganz oder teilweise vermittelt haben. Denkbar wäre es zum Beispiel, dass ein*e Jurist*in lediglich noch den Erwerb der „Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen und von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung“ nachweisen muss, weil er die rechtlichen Kenntnisse bereits ausreichend aufgrund seines Studiums erworben hat. Sinnvoll wird es daher sein, Sachkundekurse in Modulform zu veranstalten, so dass (angehende) Betreuer*innen nur noch die Module belegen müssen, die die nicht bereits aufgrund einer Ausbildung erworbenen Kenntnisse vermitteln.
Unklar ist zur Zeit noch, ob neben den theoretischen Kenntnissen auch praktische Erfahrungen - etwa ein Praktikum in einem Betreuungsbüro oder -verein oder bei einer Betreuungsbehörde - gefordert werden sollen. Ebenfalls ungeklärt ist es noch, ob und wie sich Anbieter von privaten Sachkundelehrgängen zertifizieren lassen müssen und welche Stelle dafür zuständig sein wird. Wünschenswert ist insoweit eine bundesweit einheitliche Handhabung, damit nicht in jedem Bundesland oder sogar in jedem Landkreis unterschiedliche Handhabungen entwickelt werden, sondern sich angehende Berufsbetreuer*innen darauf verlassen können, dass ein Lehrgang auch von der für sie zuständigen Betreuungsbehörde anerkannt wird.
Ebenfalls unklar ist noch, ob etwa eine Erfolgskontrolle erforderlich sein wird, ob also private Anbieter von Lehrgängen Abschlussklausuren schreiben lassen müssen oder ob bereits eine Teilnahmebescheinigung ausreichen wird. Man kann nur hoffen, dass diese Eckpunkte rechtzeitig feststehen werden, damit rechtzeitig zum Inkrafttreten der Neuregelungen ein ausreichendes Angebot vorhanden sein kann.
Nähere Einzelheiten des Registrierungsverfahrens werden in § 24 BtOG geregelt. Laut Abs. 1 müssen dem Antrag auf Registrierung die folgenden Unterlagen beigefügt werden:
- „1. ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes, das nicht älter als drei Monate sein soll,
- 2. eine Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung, die nicht älter als drei Monate sein soll,
- 3. eine Erklärung, ob ein Insolvenz-, Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist,
- 4. eine Erklärung, ob in den letzten drei Jahren vor Antragstellung eine Registrierung als Berufsbetreuer versagt, zurückgenommen oder widerrufen wurde, und
- 5. geeignete Nachweise über den Erwerb der nach § 23 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 3 erforderlichen Sachkunde.“
Gemäß Abs. 2 muss die Behörde zudem für die Feststellung der persönlichen Eignung ein persönliches Gespräch führen. Laut Abs. 3 ergeht die Entscheidung über den Antrag durch einen Verwaltungsakt, gegen eine Ablehnung wird also der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zur Verfügung stehen.
Änderungen für bereits tätige Berufsbetreuer*innen:
Diese Änderungen haben auch für die bei Inkrafttreten der Neuregelungen bereits tätige Berufsbetreuer*innen Konsequenzen, auch diese müssen sich registrieren lassen. Die näheren Einzelheiten werden in der Übergangsvorschrift § 32 BtOG geregelt:
Zunächst müssen sie innerhalb von 6 Monaten einen Antrag auf Registrierung stellen, dabei müssen u.a. ein Führungszeugnis, eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis und ein Nachweis über ausreichenden Versicherungsschutz vorgelegt werden. Zunächst erfolgt eine vorläufige Registrierung, innerhalb von sechs Monaten wird dann endgültig über den Antrag entschieden.
Dabei gibt es Unterschiede, je nachdem, wie lange der betreffende Betreuer bereits tätig ist.
Wer bei Inkrafttreten der Neuregelungen bereits länger als drei Jahre als Berufsbetreuer*in tätig ist, erhält eine Art Bestandsschutz - für diese Betreuer*innen wird gem. § 32 Abs. 2 BtOG aufgrund ihrer Berufserfahrung eine ausreichende Sachkunde vermutet.
Wer die Tätigkeit als Betreuer*in erst innerhalb der letzten drei Jahre vor Inkrafttreten aufgenommen hat, wird anders behandelt. Nach Ansicht des Gesetzgebers wussten diese Betreuer*innen bereits bei Aufnahme der Tätigkeit, dass mit Veränderungen gerechnet werden musste und genießen deshalb keinen Bestandsschutz. Diese Betreuer*innen müssen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Neuregelung den oben beschriebenen Sachkundenachweis erbringen, erst im Anschluss daran wird dann über die endgültige Registrierung entschieden. Auch das zeigt, wie wichtig es ist, dass die Vorgaben für die Sachkundenachweise möglichst frühzeitig feststehen. Schließlich muss nach dem Inkrafttreten nicht nur ein ausreichendes Angebot für Berufsanfänger*innen, sondern auch für diejenigen Betreuer*innen, die erst ab dem 1.1.2020 die Tätigkeit aufgenommen haben, vorhanden sein.
Bei Inkrafttreten der Reform am 1.1.2023 bereits als Berufsbetreuer*in eingesetzt (geregelt in § 32 BtOG)
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Registrierung erforderlich, der Antrag muss innerhalb von 6 Monaten gestellt werden.
Beigelegt werden müssen:
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Es erfolgt bis zur Entscheidung über den Antrag eine vorläufige Registrierung
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Bereits vor dem 1.1.2020 erstmalig als Berufsbetreuer*in eingesetzt
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Nach dem 31.12.2019 erstmalig als Berufsbetreuer*in eingesetzt | |
Kein Sachkundenachweis erforderlich
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Sachkundenachweis erforderlich, dafür besteht eine Frist bis zum 1.1.2024 | |
-> Nach Prüfung der Voraussetzungen durch die Behörde erfolgt die endgültige Registrierung
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Der Nachweis wird nicht erbracht:
-> Widerruf der Registrierung
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Die Sachkunde wird nachgewiesen:
-> Es erfolgt die endgültige Registrierung
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Vergütung
Erfreulich ist, dass für Betreuer*innen in dem neuen § 7 Abs. 1 VBVG festgelegt wird, dass es für einen Vergütungsanspruch alleine noch darauf ankommen wird, ob eine Registrierung als Berufsbetreuer*in durch die Betreuungsbehörde vorliegt. Es wird deshalb nicht mehr vorkommen können, dass ein*e Berufsbetreuer*in nur deshalb keine Vergütung erhält, weil diese Feststellung bei der Einrichtung einer Betreuung vergessen wurde. Die bisher in § 1 VBVG enthaltene Vorgabe für dieFeststellung der beruflichen Führung einer Betreuung für den Anspruch auf Vergütung entfälltdamit. (Im Regelfall erfolgte diese Feststellung, wenn mehr als 10 Betreuungen geführt werden oder zu erwarten war, dass dies in absehbarer Zeit der Fall sein wird.)
Daneben wird vor allem die Einstufung (bisher § 4 VBVG) in dem neuen § 8 Abs. 2 VBVG etwas anders geregelt. Zwar bleiben die unterschiedlichen Vergütungsstufen noch erhalten, die Vorgabe, dass eine Ausbildung bzw. Hochschulausbildung nur dann zu berücksichtigen ist, wenn sie in einem ausreichenden Umfang betreuungsrelevante Kenntnisse vermittelt hat, wird aber entfallen. Daraus ergibt sich, dass in Zukunft jede abgeschlossene Berufs- oder Hochschulausbildung (bzw. eine vergleichbare Ausbildung) berücksichtigt werden wird, z.B. kann dann auch ein*e Betreuer*in, der*die eine rein technische Ausbildung absolviert hat, eine Vergütung auf Grundlage der Tabelle B oder C beanspruchen.
Eine Besonderheit gilt insoweit allerdings für Betreuer*innen, die erstmals nach dem 31.12.2019 als Berufsbetreuer*in eingesetzt worden sind. Wie oben beschrieben, müssen diese im Rahmen ihrer Registrierung auch einen Sachkundenachweis erbringen. Für diese gilt gemäß § 19 Abs. 1 VBVG die alte Fassung des § 4 VBVG zunächst so lange weiter, bis sie ihre Sachkunde der Stammbehörde im Registrierungsverfahren nachgewiesen haben.
Das Verfahren bezüglich der Einstufung wird dann ebenfalls anders geregelt sein: Gemäß § 8 Abs. 3 VBVG entscheidet der Vorstand des am Sitz oder Wohnsitz des*der Betreuer*in zuständigen Amtsgerichts nach erfolgter Registrierung auf Antrag über die Einstufung. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um einen sogenannten Justizverwaltungsakt, mögliche Rechtsmittel sind in den §§ 23 EGGVG geregelt. Ist ein*e Verfahrensbeteiligte*r nicht mit der Entscheidung einverstanden, kann er*sie eine gerichtliche Entscheidung beantragen, zuständig dafür wäre dann das Oberlandesgericht. Gegen dessen Entscheidung kann dann - wie bisher - bei Zulassung eine Rechtsbeschwerde eingelegt werden, über die dann vom BGH entschieden wird.
Die so getroffene Entscheidung wird dann dauerhaft verbindlich sein, Betreuer*innen werden also Sicherheit bzgl. der Vergütungsstufe haben und müssen keine späteren sogenannten Herabstufungen mehr befürchten. Eine Änderung kann aber noch erreicht werden, wenn ein*e Betreuer*in eine Änderung der Voraussetzungen (also einen neu erworbenen Ausbildungsabschluss) vorweist.
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