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Landesausführungsgesetze

So setzen die Bundesländer das neue Betreuungsrecht um

Das 2023 in Kraft getretene, reformierte Betreuungsrecht beinhaltet viele substanzielle Veränderungen. In der Folge ist das neu geschaffene Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) auf Landesebene umzusetzen, was die Anpassung der bisherigen Landesbetreuungsgesetze nach sich zieht. Geplant war ursprünglich eine bundeseinheitliche Umsetzung, in der Realität haben die Bundesländer allerdings zum Teil sehr unterschiedliche Regelungen getroffen. Ein Überblick über den aktuellen Stand der Umsetzung
15.02.2023
  • Dirk Brakenhoff
  • Was regeln die Landesausführungsgsetze?

    Die Ausführungsgesetze regeln u.a. die Zuständigkeit der Betreuungsbehörden auf örtlicher Ebene, die Verantwortlichkeiten für das Verfahren zur Anerkennung der Betreuungsvereine sowie die Grundlage ihrer Förderung. Darüber hinaus werden oft Regelungen zur Stärkung der Zusammenarbeit in Betreuungsangelegenheiten auf örtlicher Ebene geschaffen.

Die Gesetze sind noch nicht in allen Bundesländern verabschiedet worden. Aus Berlin und Sachsen-Anhalt  liegt noch kein Ausführungsgesetz vor. Der BdB hat bei vierzehn Landesausführungsgesetzen mitgewirkt. Dabei hat sich der Verband in zwölf Stellungnahmen selbst geäußert, in Bremen und Sachsen schloss er sich vorhandenen Stellungnahmen hiesiger Verbände vorbehaltlos an. Die Stellungnahmen wurden im engen Austausch zwischen der Geschäftsstelle und den jeweiligen Landesgruppen erstellt.

Baden-Württemberg

Bayern

Berlin (noch in Arbeit)

Brandenburg

Bremen

Hamburg

Hessen

 

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Sachsen

Thüringen

Saarland

Schleswig-Holstein

* Bei dieser Stellungnahme handelt es sich „nur“ um einen Teilbereich eines Ausführungsgesetzes: zur Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörde und der Verordnung über die Registrierung von beruflichen Betreuern (ZuBeRegV-VO)

Bewertung der Gesetzentwürfe

Der BdB hat im Laufe der Gesetzgebungsprozesses ausführlich Stellung genommen und seine Positionen eingebracht. Ausgehend von den vorliegenden Gesetzesentwürfen hat er zudem eine Bewertung der Umsetzung vorgenommen. Möglicherweise wurde ein Teil dieser Vorschläge in den Gesetzestexten übernommen, dies ließ sich zu Redaktionsschluss noch nicht im Detail beantworten. 

Regelungen zur Finanzierung von Betreuungsvereinen

Betreuungsvereine brauchen eine verlässliche Finanzierungsgrundlage und Planung durch das Land. Dies gilt gerade auch in Anbetracht der seit 2023 auf die Betreuungsvereine zugekommenen arbeitsintensiven neuen Aufgaben. Das bisher praktizierte zuwendungsrechtliche Fördermodell wird dabei ersetzt durch eine Finanzierung im Wege verpflichtender gesetzlicher Leistungen. Betreuungsvereine haben einen Anspruch auf „eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln zur Wahrnehmung der ihnen nach § 15 Absatz 1 obliegenden Aufgaben“ (§ 17 BtOG).

Manche Länder formulieren diesen Anspruch auf eine bedarfsgerechte Ausstattung auch explizit in den Landesausführungsgesetzen (Brandenburg, Nordrhein-Westfalen), andere allerdings nicht (Bayern, Bremen). Einige Länder verkennen teilweise sehr deutlich die neuen,  arbeitsintensiven Aufgaben, mit denen sich Betreuungsvereine ab 2023 konfrontiert sehen (Rheinland-Pfalz) oder sehen kaum personellen Mehraufwand für Betreuungsvereine (Baden-Württemberg, Sachsen). Dieses Vorgehen stellt nach Ansicht des BdB einen Bruch dar mit dem im BtOG formulierten Anspruch auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung.

Es finden sich noch weitere „Stilblüten“, die das Ziel einer bedarfsgerechten Ausstattung konterkariern. Mecklenburg-Vorpommern etwa begrenzt die Förderung mithilfe einer fixen finanziellen Obergrenze. Baden-Württemberg oder Niedersachsen wollen die Förderung von den Haushaltsmitteln abhängig machen. Bayern geht in den Formulierungen noch schärfer vor und sieht eine anteilige Kürzung der Förderung bei fehlenden Haushaltsmitteln vor.

Auch im Hinblick auf die Versorgungsdichte gehen die Bundesländer unterschiedlich vor. Im Rahmen des Beteiligungsprozesses zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts 2020 haben sich führende Institutionen sowie das Bundesministerium der Justiz (BMJ)  für einen Versorgungsschlüssel von 1:100.000 ausgesprochen. Das heißt: Eine Vollzeitstelle eines Betreuungsvereins pro 100.000 Einwohner*innen. Manche Länder erkennen diesen Schlüssel auch vorbehaltlos an (Bremen, Thüringen). Andere Länder „drehen“ teils mit zweifelhaften Begründungen an diesem Schlüssel und nehmen Veränderungen vor, die in der Konsequenz eine Verschlechterung der Versorgungsdichte bedeuten (Brandenburg, Berlin). Hessen erkennt zwar den genannten Schlüssel an, nimmt allerdings ausschließlich erwachsene Menschen in diese Rechnung. Andere Länder bleiben in dieser Hinsicht vage (Hamburg) oder gehen eigene, teils kritikwürdige Wege, wie das bereits erwähnte Mecklenburg-Vorpommern (finanzielle Obergrenze). Manche Länder sehen bei der Förderung im Übrigen eine Dynamisierung vor (Brandenburg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz), andere wiederum nicht (bspw. Hamburg).

Großteil der Bundesländer macht von „Erweiterter Unterstützung“ Gebrauch

Mit dem neuen Betreuungsorganisationsgesetz wurde das Instrument der „erweiterten Unterstützung“ neu geschaffen (siehe §§ 8 und 11, BtOG). Dabei handelt es sich um ein im Vorfeld einer Betreuung einzusetzendes temporäres Fall-Management, um die Einrichtung einer Betreuung möglichst zu vermeiden. Den Bundesländern wird die Möglichkeit eröffnet, dieses Instrument modellhaft zu erproben. Die meisten Bundesländer machen von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Für eine erfolgreiche Erprobung sollte allerdings sichergestellt werden, dass die Anzahl der Modellbehörden bzw. die zu erreichenden Nutzer*innen möglichst groß ist. Dieses „Ausmaß“ ist höchst unterschiedlich ausgeprägt, manche Bundesländer wollen dies nur in einem sehr kleinen Maßstab erproben (Hamburg, Berlin). Rheinland-Pfalz begrenzt die Erprobung der „erweiterten Unterstützung“ zudem nur „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“. Auch sehen einige Länder keine besonderen Regelungen vor (Mecklenburg-Vorpommern, Bremen), was dem Grunde nach hieße, dass die erweiterte Unterstützung ab 1. Januar 2023 dort flächendeckend angeboten werden müsste. Ob dies aus Unachtsamkeit geschehen ist oder, weil sie das Instrument von Beginn an flächendeckend umsetzen wollen, lässt sich hier nicht beantworten.

Kritik des BdB: Kostenbegrenzung darf nicht primäres Ziel sein

Es zeigt sich, dass die einzelnen Bundesländer bei ihren Ausführungsgesetzen sowohl in der Geschwindigkeit als auch in der inhaltlichen Ausgestaltung sehr unterschiedlich vorgehen. Zum Teil sind gute oder zufriedene Regelungen getroffen worden. Manche Bundesländer verkennen allerdings die aus dem reformierten Betreuungsgesetz erwachsenden Anforderungen und/oder treffen Regelungen, die scheinbar nicht primär eine Verbesserung des Betreuungswesens unter den neuen gesetzlichen Maßstäben zum Ziel haben, sondern das Ziel, die Kosten zu begrenzen.