Stellungnahme

Zum geplanten Reparaturgesetz für das Betreuungsgesetz

Hamburg, 07. Februar 2022 - Der BdB bezieht Stellung zum vorliegenden Referentenentwurf eines „Reparaturgesetzes“ für das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts.

    I. Vorbemerkungen

    Im Folgenden bezieht der BdB Stellung zum vorliegenden Referentenentwurf eines „Reparaturgesetzes“ („Gesetz zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen und grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen, zur Änderung der Zivilrechtshilfe, des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sowie sonstiger Vorschriften“). Der Entwurf enthält Änderungen in verschiedenen Vorschriften, die im Gefolge des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) umzusetzen sind und spätestens zeitgleich mit diesem am 1. Januar 2023 in Kraft treten müssen. Der BdB begrüßt überwiegend die im „Reparaturgesetz“ formulierten Änderungen sowie Korrekturen und geht im Folgenden auf besonders relevante Punkte ein.

    II. Stellungnahme

    Zu Artikel 6 (Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes)

    Zu Nummer 2 1 (§ 23 BtOG-E)

    Bzgl. der sich aus der Reform ergebenden Probleme für Betreuungsvereine teilt der BdB die von der AG Betreuungsvereine im Kasseler Forum vorgebrachten Bedenken.2 Für die neuen Aufgaben der Betreuungsvereine wird zusätzliches Personal erforderlich sein. Es wird ohnehin schwierig werden, in einer Zeit, in der viele Berufsbetreuer*innen die Tätigkeit aus Altersgründen aufgeben, neue Mitarbeiter*innen zu finden. Hinzu kommt, dass auch Vereinsbetreuer*innen sich ab dem 1.1.2023 registrieren lassen und dafür die erforderliche Sachkunde nachweisen müssen. Dabei wird die Finanzierung der Lehrgänge Sache des Arbeitgebers – also des Betreuungsvereins – sein, der die Teilnahme an diesen Lehrgängen zudem als Arbeitszeit vergüten muss. Eine besondere Schwierigkeit wird sich für Betreuungsvereine ergeben, die seit dem 1.1.2020 neue Mitarbeiter*innen für die Führung von Betreuungen eingestellt haben. Auch diese müssen nach Inkrafttreten der Reform einen Sachkundenachweis vorlegen und dementsprechend auch an Sachkundelehrgängen teilnehmen. Hierdurch können im Jahr nach dem Inkrafttreten der Reform erhebliche Ausgaben auf Betreuungsvereine zukommen, die u.U. existenzgefährdend sein können. Bei den nun in dem Entwurf für einen neuen § 23 Abs. 4 BtOG enthaltenen Erleichterungen für Betreuungsvereine handelt es sich nach Ansicht des BdB um einen gangbaren Weg, um die für die Betreuungsvereine zu erwartenden Belastungen etwas abzufedern. Betreuer*innen, die als Mitarbeiter*innen eines anerkannten Betreuungsvereins tätig sein wollen, brauchen ihre zur Registrierung erforderliche Sachkunde nicht bereits bei Antragstellung vollständig nachweisen, sondern müssen den Sachkundenachweis erst im Laufe eines Jahres vervollständigen. Dafür haben die übrigen Voraussetzungen für die Registrierung nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 BtOG vorzuliegen und der Betreuungsverein hat nachzuweisen, dass die Person bis zum vollständigen Nachweis der Sachkunde durch eine*n vollständig registrierte*n Betreuer*in angeleitet und kontrolliert wird.

    Zu Nummer 3 (§ 25 BtOG-E)

    Mit der Streichung des § 25 Absatz 3 BtOG hat der*die berufliche Betreuer*in der Stammbehörde künftig nicht mehr jährlich einen Nachweis über das Fortbestehen der Berufshaftpflichtversicherung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BtOG einzureichen. Der BdB begrüßt die Streichung solchen überflüssigen bürokratischen Aufwands.

    Zu Nummer 4^3 (§ 27 BtOG-E)

    Ein*e Mitarbeiter*in eines anerkannten Betreuungsvereins kann von der Stammbehörde unter bestimmten Voraussetzungen bereits als berufliche*r Betreuer*in registriert werden, bevor er den erforderlichen Sachkundenachweis vollständig erbringen kann. In begründeten Ausnahmefällen soll die Stammbehörde nun die Möglichkeit haben, die Frist zu verlängern (bspw. bei Krankheit oder Elternzeit). Diese Regelung begrüßt der BdB.

    Zu Nummer 5 (§ 32 BtOG-E)

    Die hier vorgenommenen Veränderungen stellen überwiegend sinnvolle Klarstellungen dar. Insbesondere begrüßt der BdB die Verlängerung der Fristen des § 32 Absatz 2 Satz 2 BtOG, da die zu erwartenden anfänglichen Umsetzungsprobleme damit anerkannt werden. Denn die entsprechenden Studien-, Aus- und Fortbildungsanbieter müssen ihre Angebote zur Sachkunde etablieren und diese von der nach Landesrecht zuständigen Behörde anerkennen lassen. Es ist zu erwarten, dass dieser Vorgang wenigstens zu Beginn nicht reibungslos vonstattengehen wird. Der Verband bedauert es aber weiterhin, dass alle Betreuer*innen, die erst nach dem 31.12.2019 mit der beruflichen Führung von Betreuungen begonnen haben, gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 BtOG weitgehend von den Bestandsschutzregeln ausgenommen bleiben sollen und den vollständigen Sachkundenachweis erbringen müssen. Vor Veröffentlichung des Referentenentwurfs konnte nicht mit solch tiefgreifenden Änderungen bzgl. der Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Berufsbetreuer*in gerechnet werden. Nach Ansicht des BdB kann die Teilnahme an einem Sachkundelehrgang deshalb lediglich von denjenigen Betreuer*innen verlangt werden, die die Tätigkeit nach der Veröffentlichung der endgültigen Fassung des Gesetzes im Mai 2021 aufgenommen haben.

    Zu Nummer 6 (§§ 33 und 34 BtOG-E)

    Die neu eingeführte Übergangsregelung mit Möglichkeit einer zeitlich befristeten vorläufigen Registrierung begrüßt der BdB. Die hiermit vorgesehene Möglichkeit einer zeitlich befristeten vorläufigen Registrierung für solche Bewerber*innen, die nach dem 1. Januar 2023 erstmals registrieren lassen wollen, dient dem Zweck der Vermeidung eines Mangels neuer beruflicher Betreuer*innen in der Übergangszeit nach Einführung des neuen Registrierungsverfahrens.

    Zu Artikel 7 (Änderung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes)

    Zu Nummer 1 (§ 9 VBVG-E)

    und

    Zu Nummer 2 (Vergütungstabelle C in der Anlage)

    Die hier getroffenen Regelungen stellen sinnvolle Klarstellungen dar bzw. berichtigen fehlerhafte Einträge in der Vergütungstabelle. Weitere, vom BdB vorgeschlagene Änderungen des VBVG’s sind leider unberücksichtigt geblieben:

    § 12 Abs. 1 VBVG bestimmt, dass Sterilisationsbetreuer (§ 1817 Abs. 2BGB) sowie Ergänzungsbetreuer (Verhinderungsbetreuer wegen rechtlicher Verhinderung, § 1817 Abs. 5 BGB) nicht die übliche Pauschalvergütung beanspruchen können, sondern „wie ein Vormund“ auf Grundlage des § 3 VBVG eine Vergütung für die tatsächlich aufgewendete Zeit und zusätzlich Ersatz der Aufwendungen verlangen können. Aufgrund einer Entscheidung des BGH (Beschl. v. 6.4.2016, Az. XII ZB 83/14, FamRZ 2016, 1152) soll das zusätzlich auch für Fälle des § 1874 Abs. 1 BGB n.F. gelten, also wenn in Unkenntnis vom Ende einer Betreuung noch Leistungen erbracht wurden. Das führt zu der folgenden Ungereimtheit: Während es aufgrund der Neuregelung in § 8 VBVG bei der Zuordnung von Berufsbetreuer*innen in die unterschiedlichen Vergütungsstufen nur noch darauf ankommt, ob überhaupt eine abgeschlossene Berufs- oder Hochschulausbildung vorliegt, wird in § 3 VBVG auch weiterhin gefordert, dass die Ausbildung besondere nutzbare Kenntnisse vermittelt hat. Dass hinsichtlich der Betreuervergütung nun darauf verzichtet wird, dass die für die Einstufung relevante Ausbildung auch betreuungsrelevante Kenntnisse vermittelt hat wird damit begründet, dass nun ohnehin alle beruflich tätigen Betreuer*innen eine ausreichende Sachkunde nachweisen müssen (BT-Drs. 19/24445 S. 393 ff). Wenn man annimmt, dass es aufgrund der nachzuweisenden Sachkunde nun nicht mehr gerechtfertigt ist, bei der Einstufung auch darauf abzustellen, ob im Rahmen einer Ausbildung auch betreuungsrelevante Kenntnisse vermittelt wurden, ist es nicht folgerichtig, diese Differenzierung im Fall der Sterilisations- und der Ergänzungsbetreuung beizubehalten. Da in der Begründung zu § 12 VBVG (BT-Drs. 19/24445, S. 396) nicht darauf eingegangen wird, ist anzunehmen, dass diese Ungereimtheit im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens übersehen wurde. Nach Ansicht des BdB muss die Neuregelung im Zuge des Reparaturgesetzes so geändert werden, dass die Einstufung im Fall der Vergütung auf Grundlage des § 3 VBVG den gleichen Regeln folgt wie die Einstufung gem. § 8 VBVG. Kann im Normalfall die Vergütung auf Grundlage der Tabelle C beansprucht werden, muss im Fall der Vergütung gem. § 3 VBVG der höchste Stundensatz (§ 3 Abs. 1 Nr.2 VBVG) gewährt werden, erfolgt im Normalfall eine Vergütung auf Grundlage der Tabelle B, kann im Fall der Anwendung des § 3 VBVG der mittlere Stundensatz (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 VBVG) verlangt werden. Der niedrigste Stundensatz kommt nur noch dann in Frage, wenn überhaupt keine abgeschlossene Ausbildung vorhanden ist.

    Aus § 19 Abs. 1 VBVG ergibt sich nach Ansicht des BdB eine Ungereimtheit. Dort heißt es: „Für berufliche Betreuer, die bis einschließlich1. Januar 2023 seit weniger als drei Jahren berufliche Betreuungen führen, gilt § 4 Absatz 2 bis 4 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (…) in der bis einschließlich 31. Dezember 2022 geltenden Fassung, bis sie ihre Sachkunde nach § 32 Absatz 2 Satz 2 des Betreuungsorganisationsgesetzes gegenüber der Stammbehörde nachgewiesen haben.“ Das kann vom Wortlaut her nur so verstanden werden, dass es für den Anspruch auf Vergütung auf Grundlage des neuen § 8 VBVG auf den Tag ankommen soll, an dem der Nachweis der erforderlichen Sachkunde der Stammbehörde zugegangen ist. Sinnvoller wäre es aber, auf den Tag abzustellen, an dem die erforderliche Sachkunde tatsächlich erlangt wurde, also z.B. die letzte erforderliche Abschlussprüfung als bestanden bewertet und dies durch den Anbieter des betreffenden Sachkundekurses bestätigt wurde.

    Grund für die Neuregelung in § 8 VBVG ist es, dass es für die Einordnung in die unterschiedlichen nicht mehr auf die Inhalte der Berufs- bzw. Hochschulausbildung ankommen kann, wenn ohnehin jeder Betreuer über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. Bundesratsdrucksache 564/20, S. 538). Dann ist es aber folgerichtig, auf den Tag des vollständigen Erwerbs der Sachkunde und nicht auf den Zugang des Nachweises bei der Stammbehörde abzustellen. Außerdem dürfte Verwaltungsaufwand entfallen, weil für die Entscheidung über die anzuwendende Vergütungstabelle kein zusätzlicher Nachweis über den Zugang des Sachkundenachweises bei der Stammbehörde erforderlich sein würde. Die geänderte Regelung in § 19 Abs. 1 VBVG könnte dann lauten: „Für berufliche Betreuer, die bis einschließlich1. Januar 2023 seit weniger als drei Jahren berufliche Betreuungen führen, gilt § 4 Absatz 2 bis 4 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (…) in der bis einschließlich 31. Dezember 2022 geltenden Fassung, bis sie ihre Sachkunde nach § 32 Absatz 2 Satz 2 des Betreuungsorganisationsgesetzes nachweislich erlangt haben.“

    1 In der Begründung des Referentenentwurfs wird die Nummer fehlerhaft angegeben („12“).

    2 Vgl. https://www.berufsbetreuung.de/der-bdb/stellungnahmen/sachkundenachweis-verbaende-fordern-erweiterten-bestandsschutz/

    3 In der Begründung des Referentenentwurfs wird die Nummer fehlerhaft angegeben („34“).