Versteckte Beihilfeansprüche: Worauf müssen Betreuer*innen achten?
Manchmal versteckt sich eine Beihilfeberechtigung geradezu – mit weitreichenden Folgen für die rechtliche und finanzielle Situation der Klienten und die Anforderungen an Betreuer sowie deren Aufwand. Daher empfiehlt es sich, einen eventuellen vergessenen oder ererbten Beihilfeanspruch von Klient*innen mit drei Leitfragen zu ermitteln – auch bei Übernahme einer bestehenden Betreuung:
1. In welchen Bereichen hat die Klientin oder der Klient früher gearbeitet?
2. Welchen Beruf hat die Partnerin bzw. der Partner ausgeübt?
3. Gibt es Anrechte auf Versorgungsbezüge?
Die folgenden Praxisbeispiele veranschaulichen die Thematik.
Beispiel 1: Beihilfe bei gesetzlich Krankenversicherten
Eine Klientin – Witwe eines Beamten – hat aufgrund ihrer Versorgungsansprüche in Form der Witwenpension auch einen Beihilfeanspruch geerbt, unabhängig vom eigenen Versicherungsstatus als gesetzlich Versicherte. Hierüber ist sie gegenüber der Krankenkasse sogar mitteilungspflichtig, obwohl sich für sie zunächst nichts ändert. Bei Übernahme der Betreuung ist zu prüfen, ob das geschehen ist.
Beispiel 2: Im Pflegefall den Beihilfeanspruch prüfen
Ein gesetzlich krankenversicherter Klient hat durch den Tod seiner verbeamteten Partnerin einen Beihilfeanspruch geerbt wie in Beispiel 1. Dieser Anspruch kam bislang nicht zum Tragen und ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Nun wird der Witwer jedoch pflegebedürftig und bekommt von der Pflegekasse nur noch 50 Prozent der Leistungen bezahlt. Die andere Hälfte muss nun gegenüber der Beihilfestelle geltend gemacht werden, denn jetzt plötzlich lebt der vergessene Anspruch wieder auf. Auch die entsprechenden Pflegeeinrichtungen bzw. Pflegedienste sind darüber zu informieren, denn diese neue Regelung gilt auch für deren Aufwendungen.
Beispiel 3: Durch Waisengeld zum Beihilfeanspruch
Das behinderte Kind eines verstorbenen Beihilfeberechtigten erhält Waisengeld zugesprochen. Es lebt in einer Pflegeeinrichtung und ist gesetzlich krankenversichert. Nun ist es selbst ab sofort beihilfeberechtigt. Die Pflegekasse trägt jetzt bei allen Leistungen, die über die Regelungen gemäß SGB Xll (Hilfe zur Pflege nach dem Behindertenrecht) hinausgehen, nur noch 50 Prozent der Kosten. Was vorher automatisch abgerechnet wurde, muss jetzt anteilig beantragt und eingereicht werden. Darauf muss die Einrichtung hingewiesen werden und die Betreuerin bzw. der Betreuer ist hier in der Pflicht.
Man muss hier allerdings unterscheiden, ob das betroffene Kind in einer stationären Pflegeeinrichtung nach SGB XI untergebracht ist oder in einer Behinderteneinrichtung. Denn wenn das Kind in einer stationären Behinderteneinrichtung lebt, wird der größte Teil der Krankenkosten vom Sozialamt nach dem SGB IX/XII bezahlt. Nur für die verbleibenden Leistungen nach Paragraph 43a der Pflegeversicherung bis zu 266,-€/m greift gem. Paragraph 28 (2) SGB XI die 50%-Regelung. Daher kommt es hier entscheidend darauf an, ob das betreute Kind in einer stationären Pflegeeinrichtung nach SGB XI untergebracht ist oder in einer Behinderteneinrichtung.
Beispiel 4: Pflege – und plötzlich greift das Beihilferecht
Die Ehefrau eines Beamten ist gesetzlich pflichtversichert, hat Pflegegrad 4 und lebt in einer Pflegeeinrichtung. Mit den Pflegekostenabrechnungen ihrer Klientin hat der/die Betreuer*in bisher nichts zu tun. Plötzlich verstirbt ihr verbeamteter (und nicht betreuter) Ehemann, der sich bis dato um die Pflegeabrechnungen gekümmert hatte. Auf die Betreuerin kommt aufgrund der geänderten Rechtslage eine Flut an Mehraufwand zu: Sowohl die Pflegekasse als auch die Pflegeeinrichtung müssen über den geänderten Rechtsanspruch informiert werden. Es muss nicht nur die Witwenpension für die Klientin beantragt und sich um eventuelle Erbschaftsangelegenheiten gekümmert werden. Auch der ererbte Beihilfeanspruch muss nun beachtet werden, und jeden Monat ist die anteilige Pflegekostenerstattung bei der Beihilfestelle des verstorbenen Ehemannes zu beantragen.
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