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Bundesverband bringt Positionspapier mit konkreten Vorschlägen in Diskussion ein

BdB fordert Reform des Vergütungssystems

Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen (BdB) fordert eine grundlegende Reform des Vergütungssystems für Betreuer*innen und Betreuungsvereine. In einem Positionspapier präsentiert der Verband konkrete Vorschläge für eine leistungs- und sachgerechte Vergütung in einem modernen Betreuungsrecht sowie eine Vereinfachung des Systems.

Der Anlass: Bis zum 31.Dezember 2024 muss die Bundesregierung die Betreuervergütung evaluieren und ihren Bericht vorlegen. Der Verbandsvorsitzende Thorsten Becker sagt: „Das aktuelle Vergütungssystem ist ausgesprochen leistungs-UNGERECHT und spiegelt in keiner Weise die Qualitätskriterien, die im heutigen Betreuungswesen zu Recht gefordert sind.“ Zuletzt wurde die Vergütung 2019 angepasst. Doch blieb das System strukturell nahezu unverändert.

Fairer Stundensatz

Der BdB schlägt eine Vergütung in Höhe von 76 Euro pro Stunde vor. Grundlage für den Stundensatz ist ein Expertengutachten aus dem Jahr 2014 im Auftrag des Verbands, das sowohl die betrieblichen Ausgaben als auch einen fairen Verdienst für die Betreuer*innen berücksichtigt. Eine Mitgliederbefragung hat zudem gezeigt, dass Berufsbetreuer*innen 4,92 Stunden pro Klient*in und Monat benötigen, um eine Betreuung zu gewährleisten, die den heutigen Qualitätsmaßstäben entspricht – dazu zählt beispielweise die Unterstützte Entscheidungsfindung.

Thorsten Becker stellt fest: „Aktuell stehen uns durchschnittlich 2,35 Stunden pro Betreuung und Monat zur Verfügung. Das Institut für Freie Berufe IFB hat einen durchschnittlichen monatlichen Umsatz pro Betreuung von lediglich 141,67 Euro ermittelt – darin ist der Inflationsausgleich von 7,50 Euro je Betreuung und Monat bereits inbegriffen.“

373,92 Euro pro Monat und Betreuung – also 4,92 Stunden multipliziert mit 76 Euro pro Stunde – wären angemessen, sagt der BdB-Vorsitzende: „Diese Zahlen zeigen deutlich, dass eine Anpassung der Vergütung dringend geboten ist.“

Alternativ schlägt der Verband vor, den reformbedingten Mehraufwand von rund 27 Prozent in die Vergütung einzubeziehen. Thorsten Becker: „Dieser Ansatz gewährleistet eine angemessene Vergütung und berücksichtigt die Leistung und Verantwortung der Betreuer*innen.“

Gleiches Geld für gleiche Leistung

Der BdB plädiert für die Abschaffung des dreistufigen Vergütungssystems, wie es aktuell besteht. „Für die gleiche Leistung sollte künftig das gleiche Geld gezahlt werden“, erläutert Thorsten Becker: „Wir unterstützen daher ein einfaches und leicht handhabbares Vergütungssystem mit einer einheitlichen Fallpauschale für die meisten Betreuungsfälle. Dies betrachten wir außerdem als Beitrag zum Abbau von Bürokratie.“ Der Verband empfiehlt zudem die Abkehr von Kriterien wie Aufenthaltsort des/der Klient*in, Vermögensstatus und Dauer der Betreuung. Auch fordert der BdB die Übernahme von Kosten für Sprach- und Gebärdensprachdolmetscher*innen.

Dynamisierung der Betreuervergütung

Ein wichtiges Anliegen ist die Dynamisierung der Vergütung. Die Indexierung sollte nach Vorstellung des BdB anhand objektiver Kriterien erfolgen. Thorsten Becker: „Wir haben eine Grundlage dafür bereits geschaffen: Zusammen mit dem Institut für Freie Berufe (IFB) haben wir einen speziellen Warenkorb für Betreuungsbüros ermittelt. Dieser Index könnte als Basis für die Anpassung der Betreuervergütung dienen.“

Hintergrund

Bei der Vergütung sind Berufsbetreuer*innen und Betreuungsvereine zu 100 Prozent vom Gesetzgeber abhängig. Ihnen stehen nur wenige betriebswirtschaftliche Parameter zur Verfügung, um die steigenden Kosten bei unvermindert leistungsungerechter Vergütung zu kompensieren. Thorsten Becker: „Wir müssen die Fallzahlen erhöhen oder Mitarbeiter*innen entlassen. Beides führt zu massiven Qualitätseinbußen, chronischer Arbeitsüberlastung und unbezahlter Mehrarbeit. Finanziell „belohnt“ werden Betreuer*innen, die möglichst wenig Arbeitszeit pro Klient*in aufwenden. Ein klarer Widerspruch zu den Ansprüchen des neuen Betreuungsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention. Das kann unmöglich im Sinne des Gesetzgebers sein.“

Eine leistungsgerechte, faire Vergütung wird darüber hinaus einen Beitrag leisten, um den Beruf für Nachwuchskräfte attraktiv zu machen, prognostiziert der BdB. Thorsten Becker: „Berufsbetreuer*innen werden bundesweit händeringend gesucht. Der Bedarf an Fachkräften auf unserem Feld steigt stetig. Die Vergütung ist ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der Qualität der Betreuung und der Attraktivität des Berufs.“

Der Verband appelliert an die Bundesregierung, die dringend notwendige Reform des Vergütungssystems umzusetzen und die Zukunft der Betreuungsbranche zu sichern.

Zum Positionspapier

Mehr Informationen:

www.berufsbetreuung.de | X: @BdB_Deutschland |  BdB-Vergütungskampagne

Pressekontakt:
nic communication & consulting | Bettina Melzer
Tel.: 030 – 34 66 19 41 | mobil: 0163 – 575 1343 | bm@niccc.de | www.niccc.de

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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen e.V. (BdB) ist mit rund 8.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes Betreuung. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt. Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde. Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.