Bruch der Ampelkoalition:

Politische Unsicherheit gefährdet Reform der Betreuervergütung

Nach dem Ende der Ampelkoalition blickt der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen (BdB) mit Sorge auf die Zukunft des Gesetzes zur Reform der Betreuervergütung. Trotz der politischen Umwälzungen fordert der BdB weiterhin eine Lösung für die dringend notwendige Reform und ein rasches Handeln der amtierenden Regierung.

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Kritik am Referentenentwurf: BdB fordert umfassende Anpassungen

In den vergangenen Wochen hatte der BdB im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens umfassende Kritik am bisherigen Referentenentwurf geäußert. Gemeinsam mit anderen Verbänden und unterstützt durch eine Petition mit mehr als 15.000 Unterschriften sowie eine Videokampagne, forderte der Verband deutliche Anpassungen, um den zu erwartenden finanziellen Belastungen für Berufsbetreuer*innen und Betreuungsvereine entgegenzuwirken. „Dieser in dieser Form und diesem Umfang bisher nicht dagewesene Protest hat offenbar zu einem Umdenken bei Bund und Ländern geführt", sagt der BdB-Vorsitzender Thorsten Becker. „Uns haben klare Signale erreicht, dass der Entwurf grundlegend überarbeitet werden soll.“

Bisherige Planung ist Makulatur

Der Zeitplan sah bis zum Bruch der Koalition vor: Kabinettsbeschluss Mitte Dezember, parlamentarisches Verfahren bis Mitte März 2025, Entscheidung des Bundesrates im Juni 2025. Doch sei der Plan nun nicht mehr haltbar und damit „Makulatur“, so Thorsten Becker: „Nach aktuellem Kenntnisstand ist für den 15. Januar 2025 die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers mit anschließender Auflösung des Bundestages und Neuwahlen im März 2025 beabsichtigt. Ab Ende Januar gibt es keinen handlungsfähigen Bundestag mehr und mit einer Neubildung der Regierung nach Neuwahlen dürfte nicht vor Mitte 2025 zu rechnen sein.“

Wenn es zu keiner Verabschiedung eines Gesetzes zur Betreuervergütung mehr komme, liefe Ende 2025 der Inflationsausgleich aus und die Vergütung fiele auf den Stand von 2023 zurück. „Es besteht also dringender Handlungsbedarf für die noch amtierende Regierung und den noch amtierenden Bundestag“, sagt Thorsten Becker.

BdB sieht dringenden Handlungsbedarf

Nun komme den Äußerungen wichtiger Akteure darüber, was in der nächsten Zeit noch geschehen solle, große Bedeutung zu, so Thorsten Becker weiter:  „Der Bundeskanzler hat am 6. November 2024 mitgeteilt, dass die Regierung aus SPD und Grünen im Amt bleibt und ‚alle Gesetze, die keinen Aufschub dulden, im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden‘. Aus unserer Sicht gehört die Reform der Betreuervergütung zu diesen Gesetzen. Auch Vizekanzler Robert Habeck hat sich ähnlich geäußert. Er betonte, dass die Regierung im Amt sei und bis zum letzten Tag verantwortungsvoll handeln wolle. Am 7. November wurde mit Volker Wissing eine neue Hausleitung des BMJ bestellt, das damit handlungsfähig ist.“

BdB drängt auf beschleunigtes Verfahren und eine Zwischenlösung

Vor diesem Hintergrund erwartet der BdB von allen Verantwortlichen in Bundesregierung, Bundestag und den Ländern, dafür Sorge zu tragen, dass zumindest eine Zwischenlösung für die Betreuervergütung vom amtierenden Bundestag vor seiner Auflösung beschlossen wird.

Thorsten Becker: „Eine solche Zwischenlösung wird mangels ausreichender Beratungszeit sicherlich nicht eine grundlegende Reform der Betreuervergütung leisten können.“ Aus Sicht des BdB wäre es aber denkbar und möglich, die im Referentenentwurf zugesagte Vergütungserhöhung von 12,7 Prozent durch einen entsprechenden Aufschlag auf alle Tabellenwerte durchzuführen. „In jedem Fall muss ein ersatzloser Wegfall des Inflationsausgleichs Ende 2025 verhindert werden“, fordert Thorsten Becker.

BdB fordert Justizministerium zur Weiterarbeit an Reform auf

Der BdB fordert die amtierende Regierung sowie die neue Leitung des Bundesministeriums der Justiz dazu auf, bis zur Neubildung des Bundestages und der Bundesregierung, den  Gesetzentwurfs zur Betreuervergütung – wie zugesagt – zu überarbeiten.

In den kommenden Wochen wird der Verband das Gespräch mit dem BMJ, den Berichterstatter*innen für Betreuungsrecht der Bundestagsfraktionen und den Landesjustizministerien suchen, um eine Lösung für die Berufsbetreuer*innen zu erreichen.

Mehr Informationen: www.berufsbetreuung.de | Linkedin | BdB-Vergütungskampagne

Pressekontakt:
nic communication & consulting | Bettina Melzer
Tel.: 030 – 34 66 19 41 | mobil: 0163 – 575 1343 | bm@niccc.de | www.niccc.de

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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen e.V. (BdB) ist mit rund 8.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes Betreuung. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt. Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde. Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.