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Politisches Gespräch

Thüringen will eine gesunde Betreuungslandschaft

„Wir sehen krisen- bzw. inflationsbedingte Kostensteigerungen, die alle und damit auch Betreuungsvereine sowie ehrenamtlich und selbstständige Berufsbetreuerinnen und -betreuer betreffen. Wir sehen aber auch die vielfältigen Maßnahmen, die Bund und Länder inzwischen ergriffen haben, um den Auswirkungen insbesondere bei den gestiegenen Energiepreisen entgegenzuwirken."

Gerd Schmitt (Bundesratsdirektor im Ruhestand), BdB-Geschäftsführer Dr. Harald Freter, Landesjustizminister Dirk Adams und BdB-Vorsitzender Thorsten Becker (v.l.n.r.)

„Was die künftige Vergütung für Betreuungen anbelangt, werden wir die tariflichen Entwicklungen etwa im öffentlichen Dienst ebenso in den Blick zu nehmen haben wie die haushaltsmäßigen Möglichkeiten und uns Gesprächen mit dem für die Vergütungsregelungen zuständigen Bund nicht verschließen“. Dies sagte Thüringens Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Dirk Adams im Gespräch mit Vertretern des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB). An dem Treffen im Justizministerium nahmen der BdB-Vorsitzende Thorsten Becker und BdB-Geschäftsführer Dr. Harald Freter teil sowie Gerd Schmitt, Bundesratsdirektor im Ruhestand.

Anlass für das Gespräch war der Notruf des BdB, der in Form einer Resolution an alle Justizministerinnen und -minister ging. Thorsten Becker: „Die Betreuungslandschaft als Ganzes ist in Not. Energie-, Mobilitäts-, Sach- und Mietkosten sind explodiert. Das Lohnniveau ist infolge des Fachkräftemangels erheblich gestiegen. Die Kostensituation bedroht Betreuungsvereine und selbstständige Berufsbetreuer*innen existenziell. Mit Folgen: Die ersten Vereine und Betreuerbüros geben bereits auf.“

Wenn Bund und Länder jetzt nicht handelten, drohe die rechtliche Betreuung in Deutschland zu kollabieren, warnte der BdB-Vorsitzende. Der Verband fordert den Gesetzgeber auf, durch einen vorgezogenen Inflationsausgleich das wirtschaftliche Überleben der Betreuungslandschaft zu sichern und das Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen, das dafür nötig ist. Becker: „Von den Ländern erwartet wir, dass sie einen vorgezogenen Inflationsausgleich unterstützen.“

Die gestiegenen Kosten könnten weder aufgefangen noch weitergeben werden, so Thorsten Becker weiter: „Unter diesen Umständen können wir zentrale Ziele der Betreuungsrechtsreform 2023 nicht erreichen – wie die Sicherung der Qualität in der Betreuung und die weitere Stärkung der Selbstbestimmung der Klient*innen.“

Thüringen will eine gesunde und funktionierende Betreuungslandschaft, sagte Minister Adams. Dafür werde er sich einsetzen. Es ginge allerdings um sehr viel Geld. „Wir reden allein für Thüringen von einer Größenordnung in Höhe von 35 Millionen Euro“, so Dirk Adams.

Hintergrund: Die Betreuervergütung war zuletzt 2019 erhöht worden. Nach mehr als 14 Jahren ohne Anpassung. Der angekündigte Wert von 17 Prozent ist jedoch nicht erreicht worden, sondern im Mittel nur 12,3 wie eine Studie des BdB belegt. „Aktuell arbeitet der BdB an einem sogenannten Warenkorb für Berufsbetreuer*innen“, sagte Geschäftsführer Freter. Konkrete Zahlen werde man im Februar vorlegen.

Den vollständigen Text der Resolution finden Sie hier

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Über den BdB:
Der Bundesverband der Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen (BdB e.V.) ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern die größte Interessenvertretung des Berufsstandes. Er ist die kollegiale Heimat seiner Mitglieder und macht Politik für ihre Interessen. Er stärkt seine Mitglieder darin, Menschen mit Betreuungsbedarf professionell zu unterstützen, ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen – selbstbestimmt und geschützt.
Der BdB wurde 1994 gegründet – zwei Jahre, nachdem mit dem Betreuungsgesetz Konzepte wie „Entmündigung“ und „Vormundschaft“ für Erwachsene abgelöst wurden. Bereits damals leitete ihn der Gedanke, Menschen mit Betreuungsbedarf in Deutschland professionell zu unterstützen, so dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Mit seiner fachlichen Expertise und viel Idealismus setzte sich der Verband bereits frühzeitig für mehr gesellschaftliche Teilhabe betreuter Personen ein, wie sie erst später gesetzlich verankert wurde.
Handeln und Entscheidungen der BdB-Mitglieder basieren auf demselben humanistischen Menschenbild, das auch der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 zugrunde liegt.